Die
Erfindung des Ringofens um 1858 revolutionierte die Ziegelherstellung.
Dadurch wurde es möglich, große Mengen an Tonziegeln zu einem niedrigen
Preis bei gleichbleibender Qualität herzustellen. Innerhalb weniger
Jahre setzte sich nun diese Ziegelbauweise durch und ein wahrer Bauboom
setzte in Deutschland ein.
In
Bönen war es der Landwirt Ludwig Staby, der die Zeichen der Zeit
erkannte.
Er hatte in den Ort eingeheiratet und verfügte auch über
einige finanzielle Mittel. Im Jahre 1860 ließ er am Standort der
früheren Bockmühle die Windmühle, das heutige Wahrzeichen Bönens,
errichten; ein Jahr später folgte am Kletterpoth die Inbetriebnahme
einer Ziegelei.
Es handelte sich noch um eine herkömmliche
Ziegelherstellung mit einem einfachen Kammerofen. Den Rohstoff holte man
aus der Berghofschen Lehmgrube „Am Dieken“. In den folgenden
Jahrzehnten wurde Stabys Betrieb zur Grundlage des Häuserbaus der
näheren Umgebung.
Mit der
Errichtung der Schachtanlage Königsborn III/IV entstand ein gewaltiger
Bedarf an Tonziegeln. Staby reagierte prompt und ließ einen Ringofen mit
16 Kammern bauen. Nun lief die Ziegelproduktion in großem Stil an. In
der kreisförmigen Anlage herrschte ein sorgsam ausgeklügelter Ablauf.
Nach dem Brennvorgang in einer Kammer wurde ihr Feuer gelöscht und die
nächste mit Brennstoff beschickt. Ein bis zwei Wochen dauerte es, bis
das Feuer durch alle Kammern gewandert war. Durch ein spezielles Be- und
Entlüftungsverfahren wurde der Betriebsablauf beschleunigt und zugleich
die Hitze der Öfen effizient ausgenutzt. Die Kammer mit der größten
Hitze lag immer genau der kühlsten gegenüber. Dort wurden die fertigen
Ziegel dann entnommen und der nächste Brennvorgang konnte beginnen.
1917 kauft die Zeche die Ziegelei
Nach
dem Tode seines Vaters im Jahre 1905 übernahm Louis Staby den Betrieb.
Doch er verstarb 1915, ein Jahr nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs.
Zwei Jahre später verkaufte die Witwe den Betrieb an die Zeche. Für
diese war der Betrieb am Kletterpoth von großer Bedeutung. Nicht nur für
die Übertageeinrichtungen, sondern auch für den Stollenausbau wurden
riesige Mengen an Ziegeln benötigt. Bis zu 12 000 Stück wurden täglich
gebrannt. Für ihren Transport zur Zeche wurde eine Feldbahn angelegt,
für die in der Nähe des heutigen Bahnübergangs am Schwarzen Weg sogar
eine eigene Unterführung geschaffen wurde.
Offensichtlich
gab es nur noch wenige Wohnhäuser, bei denen die vorwiegend gelblichen
Ziegel Verwendung fanden. Für Privatleute war es gar nicht so einfach,
an diesen Baustoff zu gelangen. Man musste schon über gute Beziehungen
zur Zeche verfügen.
Der Zweite
Weltkrieg schließlich wirkte sich auch auf die Ziegelei und ihre
Umgebung aus. Etwa ab 1942 ließ die Zeche in unmittelbarer Nachbarschaft
das Lager „Dreihausen“ errichten. Hunderte russische Kriegsgefangene
wurden hier einquartiert; sie mussten im Bergbau arbeiten. Bei dem
großen Luftangriff vom 27. März 1945 wurde nicht nur die Ziegelei schwer
getroffen, von den acht Baracken wurden drei beschädigt und eine
weitere vollständig zerstört.
An
die Arbeiter der Ziegelei wurden extreme körperliche Anforderungen
gestellt.
Fleiß und Genügsamkeit waren ihre sprichwörtlichen
Eigenschaften.
Zur Saisonarbeit von April bis Oktober kamen etliche
Wanderarbeiter aus dem Lipperland. Zu diesen gehörte auch Rudi Grabbe,
der noch unter Louis Staby Brennmeister wurde.
Auch die Nachfahren
Grabbes verbrachten ihr Arbeitsleben auf der Ziegelei: sein Sohn wurde
ebenfalls Brennmeister, ein Enkel wurde Ofensetzer. Ihr noch heute
existierendes Wohnhaus am Kletterpoth stand praktisch genau gegenüber
der Ziegelei und die Ehefrau brachte mittags das Essen hinüber.
Auch
in den Nachkriegsjahren lief der Ziegeleibetrieb fast unverändert
weiter.
Beim Abbau des Lehms und dem Transport der Ziegel gab es
allerdings technische Fortschritte. In der Mitte der 1950er Jahre
verringerte sich der Ziegelbedarf der Zeche allmählich. Neben der
Absatzkrise bei der Steinkohle waren auch neue Techniken im Bergbau
dafür verantwortlich.
Ziegel wurden nicht mehr benötigt, weil nun
Werkstoffe wie Stahl und Beton eingesetzt wurden.
Auch waren die
Brennöfen der Ziegelei inzwischen veraltet.
Im
Sommer 1960 stellte die Ziegelei ihre Produktion nach fast 100 Jahren
ein und bald darauf wurden die Bauten abgebrochen. Das Schicksal der
Ziegelei wurde somit zu einem der Vorboten des Strukturwandels im
Bergbau.
Tongruben als Müllkippe
Schon
Jahre zuvor hatte die Gemeinde damit begonnen, die Tongruben der
Ziegelei anderweitig zu nutzen. Seit Anfang der 1950er Jahre diente ein
Teil als offizielle Müllkippe Bönens. Als im Juli 1959 die Genehmigung
erteilt wurde, dass südlich des Kletterpoth in einem unter Naturschutz
stehendem Gebiet Tonerde abgebaut werden durfte, verpflichtete sich die
Gemeinde im Gegenzug dazu, die bisherigen Tongruben mit Müll zu
verfüllen und dann aufzuforsten. Das Waldgebiet „Mergelberg“ war nämlich
eines der wenigen größeren und geschlossenen Waldgebiete in der näheren
Umgebung und wurde traditionell von vielen Anwohnern als
Naherholungsgebiet genutzt.
Über
das heute kaum mehr vorstellbare Nebeneinander eines beliebten
Ausflugszieles und einer Mülldeponie, aber auch über den Verbleib des
Barackenlagers Dreihausen werden wir noch ausführlich berichten...
Bild-/Textquelle:
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