Donnerstag, 30. Januar 2014

Ziegelei Bönen, vormals Ziegelei Staby

Vor 50 Jahren geschlossen – die Ziegelei am Kletterpoth 

Statt des 100-jährigen Jubiläums kam das Aus...

09.07.10

Ziegel für Bönen (Ziegelei Staby)

 

Dr. Ulrich Heitger / BÖNEN ▪ Die in der Mitte des 19. Jahrhunderts einsetzende Industrialisierung in Deutschland ließ Altenbögge, Bönen und die umliegenden Ortschaften weitgehend unberührt. Dennoch begannen ihre Vorboten das Leben allmählich zu verändern. Ein bedeutender Wandel dieser Zeit vollzog sich im Bauwesen. Bisher hatte die Fachwerk-Bauweise dominiert; die dafür benötigten Ziegel wurden im Winter auf den größeren Bauernhöfen nach ganz einfachen Verfahren gebrannt.

 

 

 

Die Erfindung des Ringofens um 1858 revolutionierte die Ziegelherstellung. Dadurch wurde es möglich, große Mengen an Tonziegeln zu einem niedrigen Preis bei gleichbleibender Qualität herzustellen. Innerhalb weniger Jahre setzte sich nun diese Ziegelbauweise durch und ein wahrer Bauboom setzte in Deutschland ein.

In Bönen war es der Landwirt Ludwig Staby, der die Zeichen der Zeit erkannte. 

Er hatte in den Ort eingeheiratet und verfügte auch über einige finanzielle Mittel. Im Jahre 1860 ließ er am Standort der früheren Bockmühle die Windmühle, das heutige Wahrzeichen Bönens, errichten; ein Jahr später folgte am Kletterpoth die Inbetriebnahme einer Ziegelei. 

Es handelte sich noch um eine herkömmliche Ziegelherstellung mit einem einfachen Kammerofen. Den Rohstoff holte man aus der Berghofschen Lehmgrube „Am Dieken“. In den folgenden Jahrzehnten wurde Stabys Betrieb zur Grundlage des Häuserbaus der näheren Umgebung.

Mit der Errichtung der Schachtanlage Königsborn III/IV entstand ein gewaltiger Bedarf an Tonziegeln. Staby reagierte prompt und ließ einen Ringofen mit 16 Kammern bauen. Nun lief die Ziegelproduktion in großem Stil an. In der kreisförmigen Anlage herrschte ein sorgsam ausgeklügelter Ablauf. 

Nach dem Brennvorgang in einer Kammer wurde ihr Feuer gelöscht und die nächste mit Brennstoff beschickt. Ein bis zwei Wochen dauerte es, bis das Feuer durch alle Kammern gewandert war. Durch ein spezielles Be- und Entlüftungsverfahren wurde der Betriebsablauf beschleunigt und zugleich die Hitze der Öfen effizient ausgenutzt. Die Kammer mit der größten Hitze lag immer genau der kühlsten gegenüber. Dort wurden die fertigen Ziegel dann entnommen und der nächste Brennvorgang konnte beginnen.

1917 kauft die Zeche die Ziegelei

Nach dem Tode seines Vaters im Jahre 1905 übernahm Louis Staby den Betrieb. 

Doch er verstarb 1915, ein Jahr nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs. 

Zwei Jahre später verkaufte die Witwe den Betrieb an die Zeche. Für diese war der Betrieb am Kletterpoth von großer Bedeutung. Nicht nur für die Übertageeinrichtungen, sondern auch für den Stollenausbau wurden riesige Mengen an Ziegeln benötigt. Bis zu 12 000 Stück wurden täglich gebrannt. Für ihren Transport zur Zeche wurde eine Feldbahn angelegt, für die in der Nähe des heutigen Bahnübergangs am Schwarzen Weg sogar eine eigene Unterführung geschaffen wurde.

Offensichtlich gab es nur noch wenige Wohnhäuser, bei denen die vorwiegend gelblichen Ziegel Verwendung fanden. Für Privatleute war es gar nicht so einfach, an diesen Baustoff zu gelangen. Man musste schon über gute Beziehungen zur Zeche verfügen.

Der Zweite Weltkrieg schließlich wirkte sich auch auf die Ziegelei und ihre Umgebung aus. Etwa ab 1942 ließ die Zeche in unmittelbarer Nachbarschaft das Lager „Dreihausen“ errichten. Hunderte russische Kriegsgefangene wurden hier einquartiert; sie mussten im Bergbau arbeiten. Bei dem großen Luftangriff vom 27. März 1945 wurde nicht nur die Ziegelei schwer getroffen, von den acht Baracken wurden drei beschädigt und eine weitere vollständig zerstört.

An die Arbeiter der Ziegelei wurden extreme körperliche Anforderungen gestellt. 
Fleiß und Genügsamkeit waren ihre sprichwörtlichen Eigenschaften. 
Zur Saisonarbeit von April bis Oktober kamen etliche Wanderarbeiter aus dem Lipperland. Zu diesen gehörte auch Rudi Grabbe, der noch unter Louis Staby Brennmeister wurde. 

Auch die Nachfahren Grabbes verbrachten ihr Arbeitsleben auf der Ziegelei: sein Sohn wurde ebenfalls Brennmeister, ein Enkel wurde Ofensetzer. Ihr noch heute existierendes Wohnhaus am Kletterpoth stand praktisch genau gegenüber der Ziegelei und die Ehefrau brachte mittags das Essen hinüber.

Auch in den Nachkriegsjahren lief der Ziegeleibetrieb fast unverändert weiter. 

Beim Abbau des Lehms und dem Transport der Ziegel gab es allerdings technische Fortschritte. In der Mitte der 1950er Jahre verringerte sich der Ziegelbedarf der Zeche allmählich. Neben der Absatzkrise bei der Steinkohle waren auch neue Techniken im Bergbau dafür verantwortlich. 

Ziegel wurden nicht mehr benötigt, weil nun Werkstoffe wie Stahl und Beton eingesetzt wurden. 

Auch waren die Brennöfen der Ziegelei inzwischen veraltet.

Im Sommer 1960 stellte die Ziegelei ihre Produktion nach fast 100 Jahren ein und bald darauf wurden die Bauten abgebrochen. Das Schicksal der Ziegelei wurde somit zu einem der Vorboten des Strukturwandels im Bergbau.

Tongruben als Müllkippe

Schon Jahre zuvor hatte die Gemeinde damit begonnen, die Tongruben der Ziegelei anderweitig zu nutzen. Seit Anfang der 1950er Jahre diente ein Teil als offizielle Müllkippe Bönens. Als im Juli 1959 die Genehmigung erteilt wurde, dass südlich des Kletterpoth in einem unter Naturschutz stehendem Gebiet Tonerde abgebaut werden durfte, verpflichtete sich die Gemeinde im Gegenzug dazu, die bisherigen Tongruben mit Müll zu verfüllen und dann aufzuforsten. Das Waldgebiet „Mergelberg“ war nämlich eines der wenigen größeren und geschlossenen Waldgebiete in der näheren Umgebung und wurde traditionell von vielen Anwohnern als Naherholungsgebiet genutzt.

Über das heute kaum mehr vorstellbare Nebeneinander eines beliebten Ausflugszieles und einer Mülldeponie, aber auch über den Verbleib des Barackenlagers Dreihausen werden wir noch ausführlich berichten...


Bild-/Textquelle:
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